17. An meine Wäsche lass ich dich nicht!

Das alte Thema lässt uns nicht los. Die leidige tägliche Pflege. Einmal Gesicht und Intimbereich waschen – nein danke! Der Pflegedienst freut sich schon, wenn sie bei uns klingeln. Ich glaube mittlerweile hat es sich rumgesprochen, dass mein Vater bei der täglichen Pflege nicht ganz so kooperativ ist, wie sie sich und auch wir uns das wünschen.

Das Problem ist auch, dass fast täglich ein neues Gesicht auf der Matte steht. Er muss sich andauernd an andere Menschen gewöhnen, die ihm an die Wäsche wollen. Irgendwie kann ich ihn verstehen. Ich würde das auch nicht wollen. Aber: wir müssen dennoch eine Lösung finden. Zum Glück gibt es einige Pflegerinnen, die er mag, und mit denen funktioniert es astrein. Also so what. Dann ist er eben einen Tag mal nicht gewaschen. Lazy Sunday unter der Woche, so was geht nur als Rentner und mit Alzheimer im Gepäck ungestraft und sorgenfrei. Yeah, wenigsten ein Vorteil. Ja, manchmal hilft nur Humor.

Die tägliche Wäsche: Wo liegt das Problem?

Grundsätzlich aber ist das schon ein Problem und ich glaube, wir stehen da nicht alleine da. Die Pflege von Alzheimer Patienten ist schwierig. Ich kann hier keine medizinisch oder pflegerisch fundierte Analyse niederschreiben, aber ich kann euch das Problem aus meiner Sicht schildern.

Was passiert also, denn wieder mal der Pflegedienst bei uns klingelt? Täglich zur selben Zeit kommt der Pflegedienst, wie ich finde kommt er zu meinem Vater etwas spät. Es ist meist schon halb elf oder elf Uhr am Vormittag. Aber was soll man machen, Pflegenotstand allüberall. Mein Vater sitzt also gerade auf dem Balkon in der Sonne oder ist im Wohnzimmer mit dem Lesen der Tageszeitung beschäftigt. Dann kommt auf einmal ein fremdes Gesicht und möchte ihn waschen. Er soll sich vor dieser Person ausziehen und dann von ihr waschen lassen. Oft entscheiden bereits die ersten Sekunden, ob es funktioniert oder nicht. Der Sympathiefaktor ist dabei nicht zu unterschätzen. Wenn er den Kopf hebt, die Pflegerin anschaut, dann ist die halbe Miete schon gewonnen. Nennt er sie dann auch noch „nettes Mädchen“, dann wissen wir: Heute klappt es. Hebt er den Kopf nicht oder will auch schon gar nicht mit ins Bad, dann ist Schicht im Schacht. Dann kann der Pflegedienst direkt wieder gehen und der Schlafanzug bleibt an.

Ich mag dich, dich mag ich nicht

Sympathie ist also ein allzeit gegenwärtiges Thema. Hinzu kommt die Scham, denn Alzheimer-Patienten sind ja nicht doof. Er empfindet Scham, wie jeder andere auch. Sie können eben nur nicht mehr mit Worten ausdrücken, was sie wollen und was nicht. Doch schaut man als Nicht-Kranker genau hin, kann man sie dennoch verstehen. Manchmal kommen Worte raus, die erst zwischen den Zeilen einen Sinn ergeben. Manchmal ist es nur ein Gesichtsausdruck. Und wenn du als Pflegender, sei es als Familienmitglied oder als externe Pflegekraft, das nicht erkennen kannst, dann geht der Schuss nach hinten los. Im schlimmsten Fall mündet es in Aggression seitens des Alzheimer-Patienten.

Was also tun? Zunächst bedeutet es für den Pflegenden: immer schön Augen und Ohren auf – und was noch viel wichtiger ist, habt die emotionalen Antennen ganz weit ausgefahren, denn die Emotion weist dir den direkten Weg zum Alzheimer-Patient. Und Respekt! Das ist für mich das entscheidende Zauberwort. Ich als Pflegende muss nicht nur erkennen, was der Alzheimer-Patient möchte. Ich muss es auch respektieren. Und entweder ich lasse die Dinge für heute unverrichtet. Das geht zwischendurch ja durchaus mal. Oder ich suche einen anderen Weg. Oft ist das alles nur ein ausprobieren verschiedener Wege und schließlich führen zwar alle Wege nach Rom, aber meist nur ein Weg hinüber in die Alzheimer-Welt. Und wenn ich diesen Weg gefunden habe, dann klappt das mit dem Umziehen und Waschen. Wenn nicht, dann nicht. Ach ja, eines noch: Heute kann es dieser Weg sein, morgen ein ganz anderer.

Was also ist mein Resümee für alle diejenigen, die einen an Demenz oder Alzheimer Erkrankten Menschen pflegen? Immer schön flexibel bleiben – und … den Humor nicht verlieren … wichtig ist das.

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